Die NGO NARU Suisse fördert und unterstützt Entwicklungs- und Umweltprojekte in ländlichen Regionen des westafrikanischen Landes Guinea-Bissau. Gemeinsam mit unserer Partnerorganisation vor Ort in der Hauptstadt Bissau, der NGO NARU Navitas Ruralium, fördern wir Projektvorhaben in den Bereichen:
Solarenergie
(Micro- und Mini Grids, Aufbau von Solar-Metallwerkstätten und Solar-Schreinereien)
Wasserversorgungssysteme
Permakultur
Ausbildungskurse
(in den Bereichen Solartechnologie, Metall- und Holzverarbeitung und Permakultur)
Solarenergie-Projekte
Micro-Grids
Es gibt keine einheitliche Definition bezüglich der Grösse von Micro- und Mini-Grids. Manche Definitionen zielen eher auf die Menge der produzierten Energie, andere eher auf die Zahl der angeschlossenen Häuser. Zunächst: Die Micro-Grids sind gegenüber den Mini-Grids die kleineren Anlagen. Im Allgemeinen gelten Installationen mit einer Modulleistung bis etwa 10-20 kW resp. 20-25 angeschlossenen Einheiten als Micro-Grids und Installationen über 20 kW und deutlich mehr als 25 Wohneinheiten als Mini-Grids. Beispielsweise kann ein Mini-Grid mit 100kW Modulleistung ein Dorf von 2-3000 Einwohnern komplett mit Strom versorgen, einschliesslich Kleinindustrie und Kleingewerbe.
Micro-Grids sichern für die angeschlossenen Haushalte die Grundbedürfnisse bezüglich Elektrizität: Licht, Ventilatoren, Kühlschränke, Computer, TV und Radio, Aufladen von Mobiltelefonen und tragen so unmittelbar zur Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen der Bevölkerung bei.
Obwohl Micro-Grids nur einen Teil der Energieversorgung eines Dorfes abdecken, können sie dennoch eine wichtige Rolle als ökonomischer Faktor spielen. Wenn beispielsweise ein Micro- Grid nicht nur Haushalte, sondern auch das Kleingewerbe (Lebensmittelläden, kleine Geschäfte und Restaurants) mit Strom versorgt, wird ein wichtiger Anstoss für die ökonomische Entwicklung des Dorfes gegeben. In afrikanischen Dörfern befinden sich viele kleine Läden und Geschäfte zumeist unmittelbar nebeneinander, so dass problemlos über kurze Wege an das Micro-Grid angeschlossen werden können. Diese benötigen in der Regel nur wenig Strom, meist nur für Licht, Ventilatoren und Radios, oder Kühlschränke oder Gefriertruhen in Lebensmittelläden, Restaurants und Bars.
Micro-Grids sind erweiterbar und häufig der Vorgänger für später zu errichtende grössere Anlagen am selben Ort (z.B. Mini-Grids, >100 kWp) mit einer deutlich höheren Zahl von angeschlossenen Wohneinheiten. In diesem Fall ist darauf zu achten, dass alle installierten Komponenten des Micro-Grids später problemlos, d.h. ohne grössere Umbauten in die nächst grösseren Anlagen integriert werden können.
Micro-Grids in Verbindung mit Solar-Metallwerkstätten und -Schreinereien
Eine nächste wichtige Etappe für die Entwicklung eines Dorfes ist der Anschluss kleinindustrieller Betriebe an das Micro-Grid: Solar-Metallwerkstätten und Solar-Schreinereien, aber auch beispielsweise Krankenhäuser, Gesundheitsstationen oder Apotheken, Schulen und kleine Hotels.
Schweisser und Schreiner gehören traditionell zu jedem afrikanischen Dorf. In Dörfern, in denen es kein Stromnetz gibt, müssen Schweisser und Schreiner mit dem ungeliebten und teuren Strom aus Dieselgeneratoren arbeiten, die sehr reparaturanfällig sind und häufig ausfallen. Ein sinnvolles Ziel ist es, verschiedene Kleinindustrien in der Nähe des Micro-Grids zusammenzuführen im Hinblick auf einen kleinen Industriepark.
Ein solches Projekt wird zur Zeit von unserer Partnerorganisation in Guinea-Bissau durchgeführt: In 6 verschiedenen Dörfern in Guinea-Bissau wird jeweils ein Micro-Grid zusammen mit einer Metallwerkstatt installiert. Mehr Infos zum Micro-Grid: www.naru-bissau.org.
Mini Grids
Im Hinblick auf das angestrebte Ziel der Generierung von Entwicklungsimpulsen in einzelnen ländlichen Regionen erweist sich der Bau von Mini-Grids, also die Elektrifizierung von ganzen Dörfern, als ein besonders effektiver ökonomischer Faktor. Mini Grids mit einer Modulleistung von etwa 100kWp können ein gesamtes Dorf von ca. 2000 Einwohnern mit Strom versorgen: Es werden nicht nur sämtliche Wohnhäuser mit Strom versorgt, wodurch sich die Lebensqualität der Menschen verbessert (Licht, Kühlschränke, Ventilatoren, Aufladen von Mobiltelefonen, TV und Computer), sondern es steht auch genügend Strom für Kleinindustrie und Kleingewerbe zur Verfügung.
Zudem leisten Mini-Grids einen eminent wichtigen Beitrag zur Verhinderung der Landflucht. Ein Dorf ohne Elektrizität bietet insbesondere den jungen Menschen in den Dörfern kaum Möglichkeiten, ein ausreichendes und regelmässiges Einkommen zu generieren und ihr eigenes Leben zu gestalten. Speziell jungen Leuten eröffnet sich ein Ausweg aus der beruflichen Perspektivlosigkeit. Sie blieben im Dorf und viele kehren sogar zurück, nachdem – meist ohne Erfolg – ihr Glück in den grösseren Städten oder der Hauptstadt Bissau versucht haben. Mehr Infos zum Mini-Grid: www.naru-bissau.org
Wasserversorgungssystem-Projekte
Glücklicherweise herrscht in Guinea-Bissau, das geographisch südlich des Sahelgürtels liegt, grundsätzlich kein Mangel an Wasser. In der Regenzeit von Mitte Mai bis Ende Oktober fällt ausreichend Regen für die Natur und für die Wasserversorgung der Bevölkerung und der Landwirtschaft. Gleichwohl ist die Installation von Wasserversorgungssystemen in ländlichen Regionen weiterhin von grosser Notwendigkeit, denn es gibt immer noch viel zu wenig Brunnen in den Dörfern. Das Wasser muss überwiegend über zum Teil grössere Distanzen zu den Haushalten transportiert werden. Der Mangel an Brunnen hat auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft: Landwirtschaftliche Aktivitäten finden vielerorts nur während der Regenzeit statt.
Naru Präsident Reinder Bouwmeester konnte in den letzten Jahren viele Erfahrungen mit dem Bau von Brunnen, der Installation von Solar-betriebenen Pumpen und Filtersystemen sammeln. In den Jahren 2017 und 2018 baute er im Auftrag von UNICEF 10 Brunnen und installierte jeweils Solar-betriebene Wasserpumpen mit einem Filtersystem und einem Wasserturm für kleine Gesundheitsstationen (Centro de Saúde) im Raum Bafata im Osten Guinea-Bissaus.
Permakultur-Projekte
Die Landwirtschaft ist immer noch der Haupterwerbszweig in afrikanischen Ländern. Gleichwohl hat die Landwirtschaft in den letzten Jahren und Jahrzehnten deutlich an Attraktivität verloren speziell bei der jüngeren Bevölkerung, die sich heute eher im Dienstleistungsbereich in den Städten zu platzieren sucht in der Hoffnung, dort ein regelmässiges Einkommen zu generieren. Stichwort Landflucht.
Boden und Klima bieten in Guinea-Bissau geradezu ideale Bedingungen für eine ertragreiche Landwirtschaft: Der Boden ist ausserordentlich fruchtbar, es ist ganzjährig warm, die Regenzeit ist üppig und bringt ausreichend Wasser für landwirtschaftliche Aktivitäten.
Das Problem sind häufig: fehlende Brunnen in der Nähe der Anbauflächen, fehlende Samen und fehlendes, d.h. verloren gegangenes Know how.
Ziel von landwirtschaftlichen und Permakultur-Projekten ist es, einen hohen Ertrag sowie eine grosse Vielfalt an gesunden und nährstoffreichen Gemüsesorten und Früchten zu erzielen resp. Auch durch den Verkauf von Produkten für eine Vielzahl von Dorfbewohnern ein regelmässiges Einkommen zu sichern.
Es besteht grosse Hoffnung, durch die Bereitstellung einer entsprechenden Infrastruktur vermehrt wieder junge Leute für die Landwirtschaft zu interessieren und im Dorf zu halten.
Insofern sind landwirtschaftliche Projekte von grosser ökonomischer, gesundheitlicher und umweltschützender Relevanz.
Ausbildung
Alle von NARU initiierte Projekte werden von Ausbildungskursen begleitet. In den Bereichen: Solartechnik, Metall- und Holzverarbeitung und Permakultur.
Der Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften ist generell ein grosses Problem für die ökonomischen Entwicklung in vielen afrikanischen Ländern. Die Ausbildung von Fachkräften ist insofern eine ganz entscheidende Voraussetzung für ökonomische Veränderungen.
Es gibt in Guinea Bissau nur wenig Möglichkeiten für junge Leute, eine solide Ausbildung zu absolvieren. Eine allgemeine Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit ist insofern unter den jungen Leuten weit verbreitet.
NARU möchte jungen Leuten, die kaum die Möglichkeit haben, eine solide Ausbildung zu erhalten – speziell auf dem Land und speziell Frauen – die Perspektive eröffnen, eine Ausbildung in den genannten Bereichen zu absolvieren, um danach selbstständig auf diesem gebiet arbeiten zu können oder sich als Kleinunternehmer selbstständig zu machen und eigene Kunden zu gewinnen.
Ein grosses Hindernis für den Aufbau einer umfassenden Solarinfrastruktur in Guinea Bissau ist bislang der besagte grosse Mangel an Fachkräfte für die Installation, den Support und die Wartung der Anlagen. Es gibt fast keine Spezialisten, die über das notwendige technische Know-how verfügen und das Funktionieren von Solaranlagen im Hinblick auf Sicherheit und Effizienz ausreichend verstehen, Anlagen fachgerecht installieren und Support, Wartung und Reparaturarbeiten leisten können. Dies gilt nicht nur für relativ einfache Solaranlagen wie beispielsweise für Einzelhäuser, sondern für grössere Anlagen wie Micro- und Mini-Grids und für kleinindustrielle Anlagen wie Solar-Metallwerkstätten oder Solar-Schreinereien.
Insbesonders die von NARU konzipierten kleinen Technikparks bestehend aus Solar-Schweissereien und Solar-Schreinereien – ergänzt um weitere Maschinen, beispielsweise eine Reisschälmaschine und eine Getreidemühle – stellen zudem eine geeignete Infrastruktur für umfangreiche Ausbildungsinitiativen zur Verfügung.
Der Technikpark bietet eine nachhaltige und langfristige Infrastruktur auch für umfangreiche Ausbildungsinitiativen. Die Aussicht vor Ort eine Ausbildung zu erhalten, ist insofern ausserordentlich attraktiv. Die Ausbildungsmöglichkeiten und die daraus folgende Entstehung von Arbeitsplätzen erhöhen die Attraktivität des Dorfes für die jungen Leute sehr und sind insofern eine wichtige Massnahme zur Verhinderung von Landflucht.