Stromversorgung in Guinea Bissau – Aktuelle Situation

In der Hauptstadt Bissau gibt es ein öffentliches Stromnetz, das nicht durchgängig 24 Stunden am Tag Strom für die Haushalte der Stadt liefert. Es kommt häufig zu Stromabschaltungen. Das Kraftwerk in Bissau wird mit Dieselkraftstoff betrieben. In der zweitgrössten Stadt des Landes, in Bafata, und auch in Gabú gibt es kleine Stromnetze, die für wenige Stunden am Abend Strom liefern.

In allen anderen Ortschaften und auf dem Land gibt es kein öffentliches Stromnetz. Initiativen staatlicherseits, beispielsweise eine Erweiterung des öffentlichen Stromnetzes, sind derzeit nicht zu erwarten.

Auf dem Land versorgen Taschenlampen und Kerosin- und Petroleumlampen die Bevölkerung mit Licht, deren Verwendung äusserst gesundheitsschädigend ist. Seit einigen Jahren gibt es auf den Märkten verschiedene Kleinstanlagen zu kaufen, z.B. LED-Lampen mit eingebauter Batterie und kleinen Solarmodulen von 0,5 – 3W Leistung oder 5 und 10W-Solarmodule für die Stromversorgung eines Radios während den Sonnenstunden am Tag.

Solaranlagen gibt es noch wenige, nur vereinzelnd sind einige Einzelhäuser reicherer Bevölkerungsschichten mit einer Solaranlage ausgestattet. Viele dieser Anlagen funktionieren oft nur für wenige Monate. Die Gründe dafür sind vielfältig: Verwendung von nicht an die harten klimatischen Bedingungen angepassten Komponenten niedriger Qualität, nicht-fachgerechte Installation, Mangel an Fachkräften für Service und Wartung der Anlagen.

Zur Zeit gibt es zwei von NGOs finanzierte Mini Grids in Guinea Bissau, die für wenige Tausend Menschen Solarstrom liefern: in Bambadinga (im Zentrum Guinea Bissaus, 200kWp, eröffnet in 2016) und in Contuboel (im Nordosten, 100kWp, eröffnet in 2017).  In den letzten Jahren wurden zahlreiche Solar-Strassenlampen errichtet, auch auf dem Land und in sehr abgelegenen Regionen. Viele dieser Strassenlampen fielen allerdings bereits nach weniger als einem Jahr aus.

Seit einigen Jahren ist einerseits die Entstehung kleiner lokaler, aber zumeist nur kurzlebiger Netze zu beobachten, die einen begrenzten Raum mit Generatorstrom zu ausgesprochen hohen Preisen versorgen (umgerechnet z.T. mehr als 1€ / kWh).

Das Fehlen einer flächendeckenden und stabilen Stromversorgung ist heute das grösste Hindernis für den Beginn einer nachhaltigen ökonomischen Entwicklung.

Hintergrund:
(Soziale und ökonomische Situation im dörflichen Bereich Guinea Bissaus –  Perspektiven für die ökonomische Entwicklung ländlicher Regionen)

Die mangelnde Energieversorgung ist eine der Hauptursachen für die ökonomischen und sozialen Probleme in ländlichen Regionen, Gesundheits- und Umweltprobleme, Arbeits- und damit Geldmangel, Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit insbesondere bei der jungen Bevölkerung und in der Folge ihre Abwanderung in die großen Städte oder ins Ausland. Eine weitere Ursache für soziale und wirtschaftliche Probleme ist die mangelnde oder unzureichende Bildung. Um diese Probleme zu lösen, ist wiederum eine ausreichende und stabile Energieversorgung erforderlich. Eine stabile Energieversorgung garantiert nicht nur die Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen und trägt zur Verbesserung der Gesundheits- und Umweltsituation in den Regionen bei, sondern ist auch die notwendige Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung eines Dorfes oder einer Region. Nicht nur Haushalte, sondern vor allem auch die kleinen Unternehmen benötigen Strom für ihre Entwicklung. Eine stabile Energieversorgung ist immer der Beginn eines dynamischen Prozesses, in dessen Verlauf verschiedene Entwicklungen – die Verbesserung der Lebensbedingungen, die Entstehung von Kleinunternehmen und Kleinindustrien, ein deutlicher Rückgang der Arbeitslosigkeit insbesondere bei jungen Menschen, die Verbesserung der Gesundheit und die Umweltsituation – sich ergänzen und verstärken. Das heißt, es ist der Strom, der Synergien zwischen verschiedenen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereichen erzeugt.